LESERFRAGEN EXPERTENTELEFON \"Gelenkbeschwerden und Übersäuerung\" am 07.10.10 anlässlich des Welt-Rheuma-Tages
Wie kann ich erkennen, ob ich übersäuert bin?
- Dr. Tiedemann: Als mögliche Anzeichen einer Übersäuerung können Infektanfälligkeit, langsame Erholung nach Infekten, leichte Ermüdbarkeit und verringerte psychische und physische Belastbarkeit gewertet werden. Angesichts unserer modernen Ernährung mit hoch verarbeiteten Lebensmitteln und einer Lebensweise, die mit einem latenten Bewegungsmangel einhergeht, muss jedoch generell von einer chronischen Übersäuerung der Bevölkerung ausgegangen werden.
Kann meine anhaltende Müdigkeit etwas mit meinen Gelenkschmerzen zu tun haben?
- Stefanie Mollnhauer Sportmedizinerin; Ärztin und Inhaberin einer sportmedizinischen Privatpraxis in Lindau am Bodensee. Buchautorin und freie Journalistin: Anhaltende Müdigkeit kann ein Zeichen von andauerndem Stress sein, der oft mit einer chronischen Übersäuerung des Organismus verbunden ist. Gleichzeitig ist inzwischen bekannt, dass eine Übersäuerung des Körpers zu einer Veränderung der stofflichen Zusammensetzung im Bereich des Gelenkknorpels führt und außerdem die Schmerzleitung und das Schmerzempfinden verändert.
Mein Mann würde gern trotz Arthritis Marathon laufen. Ist das sinnvoll? Gibt es nicht andere, vielleicht auch etwas ausgefallene Sportarten, die besser geeignet sind?
- Stefanie Mollnhauer: Ja, durchaus. Laufen ist eine orthopädisch recht belastende Sportart und je nach Zustand der Gelenke nicht die erste Wahl. Besser geeignet sind Radfahren und Schwimmen, da hier nicht das komplette Gewicht auf den Kniegelenken lastet und auch keine so hohen Stoßbelastungen auftreten. Gerade beim Radfahren gibt es sehr anspruchsvolle Wettkämpfe, wie Mountainbike fahren oder Rennradmarathons, Etappenrennen und Alpenüberquerungen, bei denen auch hartgesottene Marathonläufer an ihre Grenzen kommen können.
Mein Mann hat beträchtliches Übergewicht und leidet unter rheumatoider Arthritis. Kann es da einen Zusammenhang geben?
- Prof. Vormann, Ernährungswissenschaftler, Vorstand des Instituts für Prävention und Ernährung (IPEV: www.saeure-basen-forum.de) in Ismaning bei München. Schwerpunkte, Nährstoffmedizin und Gesundheitsprogramme: Es gibt keine Hinweise, dass Übergewicht ursächlich an der Entstehung von rheumatoider Arthritis beteiligt ist. Allerdings ist bei vorhandener Erkrankung eine Normalisierung des Körpergewichts sinnvoll, weil Übergewicht die Gelenke belastet. Daher sollten Betroffene auf eine Kalorienzufuhr achten, die Übergewicht verhindert oder abbaut - aber nicht über eine Crash-Diät. Langfristig sollte man sich gesund ernähren und viel bewegen, damit sich ein im Verhältnis zur Körpergröße ideales Gewicht einstellt.
Meine Schwester meint, dass man Rheuma möglicherweise mit Fasten positiv beeinflussen kann. Ist da was dran?
- Prof. Vormann: Ich würde eine Fastenkur grundsätzlich nur unter Anleitung von Ernährungsfachleuten und mit ausreichender Basenzufuhr empfehlen. Schmerzen können unter Umständen gelindert, aber niemals geheilt werden. Es kann auch sein, dass sich das Fasten positiv auf die Psyche auswirkt oder einen Anstoß für eine Ernährungsumstellung bewirkt. Allerdings bedeutet es immer auch eine erhebliche Belastung für den Stoffwechsel und ist daher keine langfristige Lösung.
Ich habe schon häufiger von der positiven Wirkung basischer Mineralstoffe bei Rückenschmerzen, Rheuma oder anderen chronischen Beschwerden gehört. Gibt es dafür wissenschaftliche Belege? Was haben die Ergebnisse gezeigt?
- Prof. Vormann: Studien zeigen einen positiven Effekt von Basenpräparaten bei chronischen Rückenschmerzen und Rheuma. Die Schmerzintensität ließ nach, die Beweglichkeit nahm zu. Bei Patienten mit Osteoporose wurde die Knochendichte verbessert.
Ich lese öfter von basenbildenden Nahrungsmitteln. Was ist das eigentlich?
- Tanja Werner, Ernährungswissenschaftlerin, medizinisch-wissenschaftliche Managerin bei Protina Pharm. GmbH - mit den Schwerpunkten Supplementierung von Mineralstoffen und Spurenelementen, Physiologie und Sportphysiologie des Säure-Basen-Haushalts: So genannte Basenlieferanten sind vorwiegend pflanzliche Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Salat. Aber auch Trockenfrüchte und Säfte zählen dazu. Für deren basischen Effekt sind die enthaltenen organisch gebundenen Mineralstoffe verantwortlich. Insbesondere handelt es sich um Kalium-, Natrium-, Magnesium- und Calciumcitrat. Beim Abbau dieser basischen Mineralverbindung wird Säure im Körper verbraucht - dadurch nimmt die Säurebelastung insgesamt ab.
Gibt es auch bei basischen Mineralstoffen qualitative Unterschiede?
- Tanja Werner: Wichtig ist, dass die organisch gebundenen Mineralstoffe in Form von Citratverbindungen vorliegen, so wie sie auch in unserem Körper vorkommen. Denn diese können sehr gut vom Organismus verwertet werden. Sie überstehen die Magenpassage und werden direkt im Dünndarm aufgenommen. Die Citratverbindungen, die beispielsweise in Basica enthalten sind, neutralisieren belastende Säure, die bei verschiedenen Stoffwechselprozessen im Körper anfällt. Basenpräparate, welche hingegen anorganische Mineralstoffverbindungen wie Bikarbonate enthalten, werden bereits von der Magensäure neutralisiert, indem sie im Magen zu Kohlendioxid und Wasser reagieren.
Mein Bruder soll aufgrund seines Rheumas eine Basenkur machen. Auf Fleisch möchte er trotzdem nicht verzichten. Ich aber glaube, ohne eine Ernährungsumstellung bringt so eine Kur mit Tabletten doch nichts, oder?
- Tanja Werner: Die Verminderung einer chronischen Übersäuerung kann sich positiv auf das Entzündungsgeschehen in rheumatischen Gelenken auswirken. Dies konnte bei Patienten mit rheumatoider Arthritis bereits wissenschaftlich bestätigt werden. Patienten, die über einen Zeitraum von drei Monaten basische Mineralstoffe mit Citraten einnahmen, benötigten weniger Schmerzmittel und waren insgesamt beweglicher. Daher empfehle ich Ihrem Bruder eine mehrmonatige Basenzufuhr in Form eines Basenpräparates. Die Apotheken beraten hierzu gerne. Die generelle Umstellung auf eine basenreiche Kost mit viel Obst, Gemüse und Salat ist zusätzlich ratsam. Der Verzehr von Fleisch als säurebildendes Lebensmittel sollte reduziert werden, er muss aber nicht komplett eingestellt werden. Sport in Form von schonenden Bewegungen wäre als Begleittherapie sinnvoll.
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